Digitale Transformation beinhaltet nicht im ersten Schritt die Verwendung von digitalen Technologien, sondern die Entwicklung einer Strategie, welche Infrastruktur, Organisationmodelle und die Qualität der Führung beinhaltet. Inzwischen sollte die digitale Transformation auch im Personalbereich, zumindest im sprachlichen Gebrauch und den Erwartungen daran, überall angekommen sein. Man wird ja überschüttet mit Vortragseinladungen, Seminarangeboten, Newslettern und Blogeinträgen zum Thema Digitalisierung, vor allem auch im Bereich Learning & Development.

Nun ist dieses Thema sicherlich den Personalmanagern/innen immerhin zu Ohren gekommen und eventuell wurden sie auch bereits zu einem Vortrag zu diesem Thema eingeladen. Doch inwieweit haben sie sich tatsächlich schon mit dem Thema auseinandergesetzt? Es gibt eine neue Studie zum Thema Digitalisierung, welche von Bitkom und Kienbaum durchgeführt wurde (vorgestellt im Haufe Personalmagazin 04/2016), die besagt, dass im Personalbereich die Digitalisierung nicht weiter zurückliegt als in anderen Unternehmensteilen.

Meine Erfahrungen sind andere. Im Gegensatz zu der Studie konnte ich leider in den letzten Monaten beobachten, dass Digitalisierung und Personalmanagement anscheinend sehr weit voneinander entfernt gelebt werden. Erst vor kurzem wurde in vielen Unternehmen ein Personalmanagement-Tool eingeführt, doch Software zur Personalentwicklung, Soziale Medien für Employer Branding und das Recruiting neuen Personals oder gar eine Strategie für Mitarbeiterweiterbildung basierend auf einem Blended Learning Konzept (Kombination aus Klassenraumtrainings, Mentoring, Elearnings, Videos sowie anderen digitalen Lernmedien) wurden bis heute kaum umgesetzt. Warum ist dies so?

Einerseits liegt dies in vielen Fällen bestimmt an der allgemeinen Unternehmensstrategie, in welcher noch nicht oder nur ansatzweise die digitale Transformation Einzug gehalten hat. Vor allem mittelständische Unternehmen tun sich in dem Bereich oft schwer. Andererseits liegt es jedoch auch an den Personalern selber und der Struktur im Personalbereich der Unternehmen.

Schaut man sich den Hintergrund der Personalmanager/innen genauer an, wird man feststellen, dass die meisten eine klassische „Personaler“-Ausbildung bzw. -Studium gemacht haben, zudem gibt es einige Psychologen. Doch es gibt fast keine Quereinsteiger. Warum ist dies so? Jahrelang waren in diesem Bereich Personen gefragt, die ein Gefühl für Menschen haben. Personen mit Einfühlungsvermögen, Coaching- oder Psychologie-Hintergrund waren und sind in diesem Bereich gefragt. Und dies ist auch vollkommen richtig! Doch in all den Jahren wurde vergessen, dass in diesem Bereich auch genauso das technische Verständnis und Know-How benötigt wird. Heute benötigt man im Personalbereich nicht nur Personen mit einem Gespür für Menschen, sondern auch Personen mit Kenntnissen im Bereich Marketing, IT oder Bildungsmanagement. Viele Personalabteilungen suchen bis heute noch auf klassische Art und Weise ihr Personal. Doch ist ihre Kommunikation tatsächlich Zielgruppen-gerichtet und spricht der Kommunikationskanal die richtigen Personen so an, dass sie Lust bekommen, in diesem Unternehmen zu arbeiten? Hier verweise ich nur auf das Stichwort „Employer Branding“. Eine Stellenausschreibung ist heute sehr viel mehr, als noch vor 20 Jahren und dafür müssen Kenntnisse im Bereich Marketing in der Personalabteilung vorliegen. Social Media Kanäle wie Twitter, Facebook, Xing oder LinkedIn müssen Zielgruppen-gerichtet eingebunden werden – und dies mit einer Strategie. Warum sind aber dann so wenig Personaler im Social Media Bereich aktiv, einem Medium mit dem sie direkt mit Menschen im Kontakt sein können? Ist dies eine Angst vor digitalen Medien oder ist es einfach das Gefühl, dass sie nicht genau wissen, was sie damit anfangen sollen bzw. müssen? Und wie kann man ihnen diese Angst nehmen?

Auf Personaler kommt derzeit einiges im Bereich digitale Transformation zu und wenn sie sich nicht sputen auch dazuzulernen und ihre Arbeit umzugestalten, werden sie bald abgehängt. Und dabei geht es nicht nur um die Einführung von digitaler Medien in der Arbeit im Personalbereich, sondern auch um die Umwandlung der Unternehmenskultur in die heutige Arbeitswelt, die sich durch die Digitalisierung stark verändert hat. Dies kann beispielsweise beinhalten:

  • die Einführung von neuen Arbeitszeit- und Arbeitsort-Modellen, da Mitarbeiter durch die Digitalisierung mehr Freiheit in der Einteilung ihrer Arbeit benötigen;
  • das Mitwirken bei der Entwicklung von neuen Organisationsstrukturen hin zu flacheren Hierarchien;
  • die Unterstützung bei der Veränderung von Managementstilen hin zu einem ergebnisorientierten Führungsstil mit mehr Vertrauen gegenüber dem Mitarbeiter, weniger Kontrolle und mehr Mitgestaltungsrecht;
  • das Managen von „virtuellen“ Teams, die aus der Ferne geführt werden müssen, da sie an verschiedenen Orten der Welt arbeiten;
  • die Einführung von digitalen Tools zum Managen der gezielten und effizienten Weiterentwicklung von Mitarbeitern;
  • die Entwicklung und Verwendung von digitalen Medien zum Lernen für Mitarbeiter in Form einer Wissensdatenbank:
  • die Einführung eines internen Social Media Tools für die Mitarbeiter um sich schnell und unkompliziert miteinander beispielsweise zu Fachfragen austauschen zu können.

Die digitale Transformation macht die Arbeit spannender! Sie ist eine Chance für jeden Personaler aus der Ecke der Mitarbeiterverwaltung herauszukommen und Gestalter des Unternehmens und tatsächlicher Entwickler der Mitarbeiter zu werden. Ich kann nur allen im Personalbereich dazu raten: verlieren Sie die Scheu vor der Digitalisierung und werden Sie schnell aktiv!

Autor: Ann-Katrin Hardenberg

Weiterführende Literaturempfehlungen dazu:

  • Personalmagazin Haufe: 04/2016
  • Cole, Tim: Digitale Transformation: Warum die deutsche Wirtschaft gerade die digitale Zukunft verschläft und was jetzt getan werden muss!; Vahlen; Auflage: 1 (15. Oktober 2015)